Weihnachten
W wie
Weihnachten
Das
Fest zwischen Wahnsinn und Wunder
Im Winter fällt mir beim Buchstaben W natürlich als erstes
„Weihnachten“ ein. Es steht vor der Tür – unübersehbar, wenn man durch die
Straßen läuft.
Noch unübersehbarer als in Fürth steht Weihnachten in Wien
vor der Tür. Alles, was mir zum Thema Weihnachtszeit in meinem ehemaligen
Studienort Wien einfällt, ist allerdings W wie Wahnsinn. Dort gibt es gefühlt
zwanzig Weihnachtsmärkte und jeder Straßenzug trägt seine eigene,
weihnachtliche Festbeleuchtung. Die eine Gasse ist mit riesigen roten
Leuchtkugeln geschmückt, in der Einkaufspassage regnet es statt Schneeflocken
Lichter vom Himmel, so eng hängen dort Lichterketten zwischen den Häusern.
Bei so viel Puppenstubengefühl denke ich dann doch lieber
an W wie weniger ist mehr - denn Weihnachten besteht für mich nicht in einer
möglichst pompösen Straßenbeleuchtung, sondern darin, dass es in mir hell und
licht werden soll. Weil ich die helle Hoffnung spüren will, dass Gott zu uns
Menschen kommt.
Und Gott kommt zu uns, auch wenn wir nicht für jeden das
perfekte Geschenk haben, und auch wenn unsere Christbaumkugeln nicht die Farben
der Saison haben.
Wenn ich fernab vom Weihnachtstrubel einmal Zeit finde,
einfach nur dazusitzen und in eine brennende Kerze zu schauen, dann wundere ich
mich manchmal. Jetzt wird es Weihnachten, denke ich dann. Obwohl längst nicht
alle Menschen in Weihnachtsstimmung sind. Manche sind traurig, manche einsam.
Jetzt wird es Weihnachten. Obwohl manche Menschen auf der Welt heute nichts zu
essen haben und manche im Gefängnis sitzen. Trotzdem wird es Weihnachten.
Eines meiner Lieblings-Adventslieder heißt „Wie soll ich
dich empfangen?“ Die fünfte Strophe darin lautet: „Nichts, nichts hat dich
getrieben / zu mir vom Himmelszelt / als das geliebte Lieben, / damit du alle
Welt / in ihren tausend Plagen / und großen Jammerlast, / die kein Mund kann
aussagen, / so fest umfangen hast.“
Gott
kommt zu uns, klein und niedrig, als Baby, in einem Stall. Er ist sich nicht zu
groß dafür, so klein und hilflos in unsere Welt zu kommen. Weil er uns
unendlich liebt. Weil er gerade in Leid und Jammer bei uns sein will. Dieser
Gedanke ist es, der bei mir - mehr als die riesigen roten Leuchtkugeln in den
Straßen - ein wenig Gänsehaut verursacht und mein Herz öffnet für ein anderes
W:
W
wie Weihnachtswunder.
Frohe
Weihnachten wünscht Ihnen
Ihre
Pfarrerin Julia Zeilmann